Der Bundesgerichtshof

Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen

Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen / Gesetz zur

vom 07.08.2013, BGBl I S. 3090 (PDF, 175KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

I. Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Artikel 1)
Eine der wesentlichen Lehren aus der Finanzmarktkrise ist, dass geeignete Instrumente entwickelt werden müssen, um systemrelevante Kreditinstitute und Finanzgruppen, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem geordneten Verfahren entweder zu sanieren oder abzuwickeln. Da dies mit den Mitteln des herkömmlichen Insolvenzrechts nur in Ausnahmefällen zu bewältigen ist, wurde das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz - RStruktG) beschlossen. Das Restrukturierungsgesetz gibt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) unter anderem die Befugnis, durch Anordnung die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten eines bestandsgefährdeten Kreditinstituts ganz oder teilweise auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen. Darüber hinaus wurden durch das Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz - KredReorgG) besondere Sanierungsverfahren und Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) mit Sitz im Inland geschaffen. Das Sanierungs- und das Reorganisationsverfahren können von dem Kreditinstitut eingeleitet beziehungsweise angestoßen werden, um die finanzielle Gesundheit des Kreditinstitut wiederherzustellen und so eine Beeinträchtigung der Finanzmarktstabilität zu vermeiden.

Ergänzend zu diesen Maßnahmen erscheint es aber zusätzlich geboten, dass sich Banken und Behörden frühzeitig mit einem möglichen Krisenfall beschäftigen. Zum einen sollen Kreditinstitute beziehungsweise Finanzgruppen mögliche Maßnahmen zur Sanierung planen, und zum anderen sollen die Behörden, die mit der Abwicklung systemrelevanter Institute und Finanzgruppen betraut sind, planen, welche Abwicklungsmaßnahmen sie ergreifen würden, falls die Sanierungsbemühungen der Bank scheitern sollten.

Die Sanierungs- und Abwicklungsplanung ist ein wesentlicher Bestandteil internationaler Regulierungsvorhaben: So hat das Financial Stability Board (FSB) im Oktober 2011 Standards für die geordnete Abwicklung von Finanzunternehmen beschlossen, die sogenannten "Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions (PDF, 183KB, nicht barrierefrei)" (Key Attributes). Deren Ziel ist es, systemrelevante Kreditinstitute ohne Verluste für den Staatshaushalt abzuwickeln, um so der "too big to fail"-Problematik wirksamer zu begegnen. Die Key Attributes sehen vor, dass zumindest für global systemrelevante Finanzunternehmen Abwicklungs- und Sanierungspläne aufzustellen sind. Die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten haben sich verpflichtet, die Key Attributes umzusetzen. Auf europäischer Ebene hat die Europäische Kommission am 6. Juni 2012 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie) veröffentlicht. Die Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie schafft europäisches Recht, das wesentlichen Bestandteilen der Key Attributes entspricht. Neben schon aus dem Restrukturierungsgesetz bekannten Maßnahmen, wie etwa der Einrichtung eines Restrukturierungsfonds, Maßnahmen der Frühintervention wie der Bestellung eines Sonderbeauftragten und der Möglichkeit, wesentliche und systemrelevante Geschäftsbereiche eines Kreditinstituts auf eine Brückenbank zu übertragen, sieht der Richtlinienentwurf unter anderem ein Instrument zur Abschreibung beziehungsweise Umwandlung von Fremdkapital (Bail-in), das Vorhalten von Sanierungs- und Abwicklungsplänen sowie Vorschriften zur Koordination der Abwicklung von grenzüberschreitenden Gruppen vor.

II. Abschirmung von Risiken (Artikel 2)
In Reaktion auf die Finanzkrise wurden bereits zahlreiche Schritte unternommen, um die Stabilität des Finanzsystems zu sichern und die Risiken aus spekulativen Geschäften zu verringern. Hierbei wurde insbesondere der Weg höherer Eigenkapitalanforderungen gewählt. Beispielhaft zu nennen sind die um 200 % erhöhten Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuchgeschäfte der Banken der Gruppe 1 im Rahmen von Basel 2.5, die bereits zu einem Rückgang der in Rede stehenden Geschäfte geführt haben. Neben diesen bereits umgesetzten Maßnahmen ist es erforderlich, dass die Risikosphären innerhalb von Kreditinstituten besser als bislang voneinander abgeschirmt werden. So sind Vorkehrungen zur Abschirmung der Eigengeschäftsaktivitäten und anderer riskanter Geschäfte der Kreditinstitute vom Kundengeschäft zu treffen.

Die Abtrennung riskanter Geschäfte von solchen mit Kunden kann die Solvenz der Institute und eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzmärkte sichern. Wenn sich die Risiken aus den abzutrennenden Geschäften realisieren, wirkt sich das nicht unmittelbar auf das Einlagengeschäft mit Kunden aus. Einlagen von Bürgern sollen nicht länger dazu genutzt werden können, spekulative Hochrisikostrategien auf eigene Rechnung ohne die unter Marktbedingungen angemessene Risikoprämie auf Fremdkapital zu finanzieren. Die Abtrennung der riskanten Geschäfte in eine separate Einheit ermöglicht zudem die leichtere Abwicklung dieser Geschäfte.

Geboten sind die Abtrennung riskanter Geschäfte und damit die Abschirmung des Kundengeschäfts nur dann, wenn die riskanten Geschäfte einen bestimmten Umfang erreicht haben.

III. Strafbarkeit von Geschäftsleitern im Risikomanagement (Artikel 3 und 4)
Es bestehen unzureichende Möglichkeiten, Geschäftsleiter von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, wenn das Institut bzw. das Versicherungsunternehmen durch Missmanagement in eine Schieflage geraten ist. Die bestehenden Tatbestände des Kern- und Nebenstrafrechts setzen in ihrem Schutzzweck und dem strafbewehrten Verhalten andere Schwerpunkte. Pflichtverletzungen im Risikomanagement, mit denen nicht nur die Stabilität des einzelnen Instituts, sondern des Finanzsystems als Ganzem auf dem Spiel steht, werden nicht bewehrt.

Unternehmenskrisen im Banken- und Versicherungssektor führen zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten und belasten im Fall von staatlichen Stützungsmaßnahmen die öffentlichen Haushalte. Der Gesetzentwurf schafft die Möglichkeit, die verantwortlichen Geschäftsleiter strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen, die durch Pflichtverletzungen im Risikomanagement die Krise des Instituts bzw. des Unternehmens mit verursacht haben.

Regierungsentwurf (PDF, 374KB, nicht barrierefrei)

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Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:

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Öffentliche Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 22.04.2013

Stellungnahme



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