Der Bundesgerichtshof

Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten

ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten / Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von

vom 17.07.2017, BGBl I S. 2426 (PDF, 47KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

Der Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26. Juli 2016 (1 BvL 8/15) gibt Anlass zu einer Änderung des Betreuungsrechts. Nach geltendem Recht kann der Betreuer gemäß § 1906 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB einwilligen. Dies führt zu einer Schutzlücke in den Fällen, in denen sich der Betreute der Behandlung räumlich nicht entziehen will oder hierzu körperlich nicht in der Lage ist. Denn in diesen Fällen darf mangels Erforderlichkeit eine freiheitsentziehende Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB betreuungsgerichtlich nicht genehmigt werden. Die strikte gesetzliche Verknüpfung der ärztlichen Zwangsmaßnahme mit der freiheitsentziehenden Unterbringung hat zur Folge, dass einwilligungsunfähige Betreute, die stationär in einer nicht geschlossenen Einrichtung behandelt werden können, faktisch aber nicht in der Lage sind, sich räumlich zu entfernen, oder sich nicht entfernen wollen, nicht gegen ihren natürlichen Willen ärztlich behandelt werden dürfen. Dies kann dazu führen, dass Betreute, die einer ärztlichen Maßnahme mit natürlichem Willen widersprechen, obgleich sie auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, ohne die medizinisch indizierte Behandlung einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden erleiden oder sogar versterben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem erwähnten Beschluss entschieden, dass diese Schutzlücke mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist. Es hat damit die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Vorlagebeschluss vom 1. Juli 2015 (XII ZB 89/15, FamRZ 2015, 1484) bestätigt und dem Gesetzgeber aufgegeben, unverzüglich eine Regelung für die genannte Fallgruppe zu treffen. Ziel des Entwurfs ist es, die Regelungslücke in angemessener Weise unter Beachtung des Ultima-ratio-Gebots zu schließen.

Bezug:

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2016 über die Beschränkung ärztlicher Zwangsbehandlungen auf untergebrachte Betreute (1 BvL 8/15)



Referentenentwurf (PDF, 160KB, nicht barrierefrei) (14.12.2016)

Regierungsentwurf (PDF, 149KB, nicht barrierefrei) (25.01.2017)

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Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:

Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML)Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 38KB, nicht barrierefrei)

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Öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 26.04.2017


Stellungnahmen




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