Der Bundesgerichtshof

Verkündungstermin 24. Mai 2016 (vorher: Hauptverhandlungstermin am 17. März 2016), 14.00 Uhr, in Sachen 4 StR 440/15 (Freispruch des Oberbürgermeisters der Stadt Halle (Saale) vom Vorwurf der Untreue)

Datum: 24.05.2016

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Halle zu entscheiden, mit der diese sich gegen den Freispruch des amtierenden Oberbürgermeisters der Stadt Halle (Saale) vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt Halle als Anstellungskörperschaft dreier durch ihn eingestellter städtischer Bediensteter wendet.

Die Staatsanwaltschaft legte dem Angeklagten zur Last, mit drei Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb in besonderem Maße vertraute, bei seinem Amtsantritt als Oberbürgermeister am 1. Dezember 2012 Arbeitsverträge – für Tätigkeiten als Büroleiter/Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 nach Anlage A zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – TVöD VKA) bzw. als Referent/Referentin (Entgeltgruppe 13 bzw. 14) – unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten mit einer jeweils tariflich zu hohen Einstufung abgeschlossen zu haben. Der Stadt Halle sei dadurch ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von insgesamt mindestens 290.000 entstanden. Er habe damit unter Missbrauch seiner Stellung als Amtsträger den Tatbestand der Untreue erfüllt. Die die Strafbarkeit begründende Pflichtverletzung des Angeklagten liege in der unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommenen Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der insgesamt sechs zur Verfügung stehenden Stufen in der jeweiligen Entgeltgruppe.

Nach der Auffassung des Landgerichts bewegte sich die Gehalts¬eingruppierung der drei Mitarbeiter hingegen im tariflich vorgegebenen Rahmen. Zwar wäre, so das Landgericht, für die drei Mitarbeiter auch die nächst niedrigere Gehaltsstufe in Betracht gekommen, wodurch insgesamt mindestens 38.000 weniger an Gehaltskosten angefallen wären. Insoweit stehe dem Angeklagten jedoch bei einem zu seinen Gunsten angenommenen Personalgewinnungsbedarf im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) ein Ermessensspielraum bei der Eingruppierung der Mitarbeiter zu. Es sei nicht mit der für eine Verurteilung hinreichenden Sicherheit nachzuweisen, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung zur Eingruppierung der drei Mitarbeiter maßgeblich auf sachfremde Gesichtspunkte gestützt und damit im Sinne des Untreuetatbestandes pflichtwidrig gehandelt habe. Diese Erwägungen beanstandet die Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge.

Vorinstanz:
LG Halle – Urteil vom 9. Februar 2015 – 2 KLs 901 Js 14285/13 (3/14)

Karlsruhe, den 26. Januar 2016

§ 16 TVöD (VKA) lautet auszugsweise:

§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle

(1) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.

(2) Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
...
(3) Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2- nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.
Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.