Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin am 4. Mai 2016, 9.00 Uhr, in Sachen XII ZR 62/15 (Zur außerordentlichen Kündbarkeit von langfristigen Fitness-Studioverträgen)

Datum: 04.05.2016

Der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich mit der Frage zu befassen haben, ob der Nutzer eines Fitnessstudios seinen langfristigen Vertrag außerordentlich kündigen kann, wenn er berufsbedingt den Wohnort wechselt.

Die Klägerin macht als Betreiberin eines Fitness-Studios gegen den Beklagten restliches Nutzungsentgelt für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Juli 2014 geltend. Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen Vertrag über die Nutzung des Fitness-Studios in Hannover für einen Zeitraum von 24 Monaten (Fitness-Studiovertrag). Sie vereinbarten ein monatliches Nutzungsentgelt von 65 Euro zuzüglich einer – zweimal im Jahr fälligen – Pauschale von 69,90 Euro für ein „Trainingspaket“. Ferner enthält der Vertrag eine Verlängerungsklausel um zwölf Monate für den Fall, dass er nicht bis zu drei Monate vor Ablauf gekündigt wird. Der Vertrag verlängerte sich entsprechend bis zum 31. Juli 2014.

Im Oktober 2013 wurde der bis dahin in Hannover lebende Beklagte zum Soldaten auf Zeit ernannt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde er in andere Städte abkommandiert; seit Juni 2014 ist er in Rostock stationiert. Am 5. November 2013 kündigte er den Fitness-Studiovertrag, zuvor hatte er die Zahlung der Mitgliedsbeiträge eingestellt.

Das Amtsgericht hat die Klage, mit der die Klägerin ein restliches Nutzungsentgelt von 719,90 € begehrt hat, im Wesentlichen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Der Senat wird die Frage zu beantworten haben, ob ein berufsbedingter Wohnortwechsel den Nutzer zur außerordentlichen Kündigung eines Fitness-Studiovertrages i.S.v. §§ 314 Abs. 1*, 543 Abs. 1**, 626 Abs. 1*** BGB berechtigt. Für deren Beantwortung könnte relevant sein, ob der Nutzer den Ortswechsel zu verantworten hat. Dabei wird der Senat auch die vom Landgericht aufgeworfene Frage zu klären haben, ob die Vorschrift des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG****, die dem Nutzer einer Telekommunikations-Leistung (etwa DSL) ein Sonderkündigungsrecht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einräumt, wenn die Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten wird, entsprechend auf die Kündigung eines Fitness-Studiovertrages anzuwenden ist.

* § 314 Abs. 1 BGB

Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

** § 543 Abs. 1 BGB

Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

*** § 626 Abs. 1 BGB

Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

**** § 46 Abs. 8 TKG

Der Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten, der mit einem Verbraucher einen Vertrag über öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste geschlossen hat, ist verpflichtet, wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz wechselt, die vertraglich geschuldete Leistung an dem neuen Wohnsitz des Verbrauchers ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit und der sonstigen Vertragsinhalte zu erbringen, soweit diese dort angeboten wird. Der Anbieter kann ein angemessenes Entgelt für den durch den Umzug entstandenen Aufwand verlangen, das jedoch nicht höher sein darf als das für die Schaltung eines Neuanschlusses vorgesehene Entgelt. Wird die Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten, ist der Verbraucher zur Kündigung des Vertrages unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats berechtigt…

Vorinstanzen:

AG Hannover – Urteil vom 28. Oktober 2014 – 538 C 4326/14
LG Hannover – Urteil vom 27. April 2015 – 12 S 89/14