Der Bundesgerichtshof

Verkündungstermin: 25. Juli 2017, 9.00 Uhr (Verhandlungstermin: 13. Juni 2017), in Sachen XI ZR 260/15 (Kosten einer smsTAN)

Datum: 25.07.2017

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte, eine Sparkasse, führt in ihrem „Preisaushang“ unter anderem Folgendes aus:

„Privatkonten […]
[…]direktKonto (Kontoführung über Internet) mt. Pauschale 2,00 €“.

Auf ihrer Internetseite stellt die Beklagte das „Online-Banking“ unter Verwendung von „smsTAN“ vor. Dort heißt es auszugsweise:

„Online-Banking mit smsTAN
[…]
Jede smsTAN kostet nur 0,10 Euro, unabhängig vom Kontomodell.“

Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage nach §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG gegen die vorgenannte Preisregelung, wonach jede smsTAN, unabhängig vom Kontomodell 0,10 Euro kostet. Er ist der Ansicht, die beanstandete Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung in Verträgen über Zahlungsdienste mit Verbrauchern zu unterlassen.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die beanstandete Klausel unterliege gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* nicht der Inhaltskontrolle. Bei der streitgegenständlichen Klausel handele es sich um die Bestimmung eines Entgelts für eine rechtlich nicht geregelte Dienstleistung der Bank für den Kunden und damit um eine kontrollfreie Preishauptabrede.

Eine gesetzliche Pflicht der Beklagten, ihren Kunden im Rahmen einer Zusatzvereinbarung zum Girovertrag das Online-Banking mit PIN und TAN als Zahlungsauthentifizierungsmitteln anzubieten, bestehe nicht. Es handele sich vielmehr um eine freiwillige Zusatzleistung im Interesse des Kunden. Im Rahmen der gesondert zu treffenden Abrede über das Online-Banking schließe die Bank mit ihren Kunden eine Vereinbarung über den Einsatz von Zahlungsauthentifizierungsmitteln. Hauptleistungspflichten dieses „Leistungspakets“ seien die Einrichtung bzw. Zurverfügungstellung des Online-Banking nebst PIN und TAN als Zahlungsauthentifizierungsverfahren. Der fakultative Charakter der Leistung einschließlich der gewählten Form der Übermittlung der TAN als personalisiertem Sicherheitsmerkmal folge auch aus der Formulierung in § 675j Abs. 1 Satz 4 BGB**. Entscheide sich der Kunde für eine Übermittlung per SMS, könne die Bank diese Sonderleistung mit einem Entgelt bepreisen. Die Qualifizierung der smsTAN-Preisklausel als Preishauptabrede stehe auch im Einklang mit § 675f Abs. 4 BGB***. Danach werde dem Zahlungsdienstleister das Recht eingeräumt, für die Erbringung eines Zahlungsdienstes ein Entgelt mit dem Zahlungsdienstnutzer zu vereinbaren. Zahlungsdienst in diesem Sinne sei unter anderem die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsmitteln. Die Beklagte bepreise hier einen Bestandteil des als Zahlungsauthentifizierungsinstrument anzusehenden Verfahrens als Hauptleistung, nämlich die Übermittlung der TAN per SMS als personalisiertem Sicherheitsmerkmal für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs nach § 675j Abs. 1 BGB**. Dass § 675m Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB**** den Zahlungsdienstleister, der ein Zahlungsauthentifizierungsmittel ausgebe, zu dessen sicherer Übermittlung verpflichte, begründe nicht die Pflicht zur Erbringung der Hauptleistung als solcher.

Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 17. Januar 2013 – 5 O 168/12
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 29. Mai 2015 – 10 U 35/13

*§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

**§ 675j BGB

Zustimmung und Widerruf der Zustimmung

(1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments erteilt werden kann.
(2) …

***§ 675f BGB

Zahlungsdienstevertrag

(1) Durch einen Einzelzahlungsvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für die Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt (Zahlungsdienstnutzer), einen Zahlungsvorgang auszuführen.
(2) Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann auch Bestandteil eines sonstigen Vertrags sein oder mit einem anderen Vertrag zusammenhängen.
(3) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt.
(4) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.
(5) In einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments eine Ermäßigung anzubieten, nicht ausgeschlossen werden.

****§ 675m BGB

Pflichten des Zahlungsdienstleisters in Bezug auf Zahlungsauthentifizierungsinstrumente; Risiko der Versendung
(1) Der Zahlungsdienstleister, der ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ausgibt, ist verpflichtet,
1.
unbeschadet der Pflichten des Zahlungsdienstnutzers gemäß § 675l sicherzustellen, dass die personalisierten Sicherheitsmerkmale des Zahlungsauthentifizierungsinstruments nur der zur Nutzung berechtigten Person zugänglich sind,

(2) …