Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin am 8. November 2016 in Sachen XI ZR 552/15 – 9.00 Uhr, (Darlehensgebühr bei Bauspardarlehen)
- Verhandlungstermin in den beiden anderen Sachen XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 wegen Revisionsrücknahme aufgehoben -

Datum: 08.11.2016

XI ZR 552/15

In dem Verfahren XI ZR 552/15 wendet sich der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist, mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens fällig wird (§ 10 ABB).
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die beanstandete Klausel benachteilige den Kunden nicht unangemessen. Maßgebend für die Beurteilung sei nicht das Leitbild des Darlehensvertrages, sondern das durch Besonderheiten des Bausparkassengesetzes geprägte Leitbild für Bausparverträge. Dieses Leitbild gehe von einer Darlehensgebühr aus. Die staatliche Förderung durch Bausparprämien und die Einbeziehung der Darlehensgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Gebühr gebilligt habe.

Dass die Darlehensgebühr nicht anteilig zurückerstattet werde, wenn der Bausparer das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge, benachteilige den Bausparer nicht unangemessenen, weil es diesem frei stehe, ob er das Bauspardarlehen vor Fälligkeit tilge. Eine vorfällige Tilgung des Bauspardarlehens bedeute zudem keine Mehrbelastung des Bausparers. In einem solchen Fall werde die nominale Gesamtbelastung in der Darlehensphase des Bausparvertrages vielmehr geringer; höher werde allein der effektive Jahreszins.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15

In den Verfahren XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 begehren die klagenden Bausparer von den beklagten Bausparkassen jeweils Rückzahlung einer Darlehensgebühr, die die Beklagten bei Auszahlung eines Bauspardarlehens aufgrund einer formularmäßigen Bestimmung in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) erhoben haben. Im Verfahren XI ZR 477/15 wurde das Bauspardarlehen im Januar 2007 ausbezahlt.

Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensgebühr zu, da die Bestimmungen über die Darlehensgebühr in den ABB kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellten und als solche gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstießen. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klauseln benachteiligten sie unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil sie keine echte Gegenleistung zum Gegenstand hätten, sondern dazu dienten, allgemeine Betriebskosten auf sie abzuwälzen.

In dem Verfahren XI ZR 472/15 ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Verfahren XI ZR 477/15 hatte die Klage erstinstanzlich Erfolg; auf die Berufung hin wurde sie abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Bestimmung über die Darlehensgebühr keiner Inhaltskontrolle unterläge, weil es sich um eine kontrollfreie Preishauptabrede handele. Die Darlehensgebühr sei als zusätzliches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung anzusehen.

Mit der Darlehensgebühr würden zudem spezifische Leistungsbestandteile des Bausparmodells entgolten. Zum einen werde dem Bausparer eine Anwartschaft auf ein Darlehen zu bestimmten Zinsen eingeräumt, die er bereits mit Abschluss des Bausparvertrages erwerbe. Zum anderen habe der Bausparer die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit zu tilgen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen zu müssen. Das Leistungs- und Gegenleistungsgefüge sei insoweit abweichend vom „gewöhnlichen (Bank-)Darlehen“ ausgestaltet.

Selbst wenn man die Klausel für kontrollfähig halte, sei die Darlehensgebühr wirksam vereinbart, weil sie nicht mit wesentlichen gesetzlichen Grundprinzipien unvereinbar sei und den Bausparer nicht unangemessen benachteilige. Das Bauspardarlehen sei in einen Bausparvertrag eingebettet, durch den dem Bausparer besondere Leistungen - eine Zinssicherung und die Möglichkeit, das Bauspardarlehen jederzeit (ohne Vorfälligkeitsentschädigung) zu tilgen - gewährt würden.
In dem Verfahren XI ZR 477/15 hat das Berufungsgericht darüber hinaus angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers verjährt sei.

Da der Kläger die Darlehensgebühr bereits bei Auszahlung des Bauspardarlehens an ihn am 1. Januar 2007 geleistet habe, sei der Rückzahlungsanspruch bereits im Jahr 2007 entstanden, so dass die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB** am 31. Dezember 2011 abgelaufen sei. Das vom Kläger im Dezember 2014 in Gang gesetzte Mahnverfahren habe den Verjährungslauf folglich nicht mehr hemmen können.

Der Verjährungsbeginn sei weder durch eine unsichere oder zweifelhafte, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägte Rechtslage hinausgeschoben worden noch dadurch, dass dem Kläger eine Klageerhebung wegen absehbarer Erfolglosigkeit nicht zumutbar gewesen sei. Die Grundsätze aus den Urteilen des Senats zur Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26) seien nicht anzuwenden, weil die Darlehensgebühr nicht im Zusammenhang mit der Gewährung eines Verbraucherdarlehens erhoben worden sei. Ein Bausparvertrag sei kein Verbraucherkreditvertrag, sondern ein Vertrag besonderer Art, der sich aus verschiedenen Elementen in der sogenannten Anspar- bzw. Darlehensphase zusammensetze, weshalb es an der Vergleichbarkeit der rechtlichen Beurteilungskriterien fehle.

Mit der vom Berufungsgericht jeweils zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

* § 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Vorinstanzen:

XI ZR 472/15
AG Ludwigsburg - Urteil vom 19. Mai 2015 - 8 C 165/15
LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 142/15

und

XI ZR 477/15
AG Ludwigsburg - Urteil vom 17. April 2015 - 10 C 133/15
LG Stuttgart - Urteil vom 14. Oktober 2015 - 4 S 122/15

und

XI ZR 552/15
LG Heilbronn - Urteil vom 21. Mai 2015 - Bi 6 O 50/15
OLG Stuttgart - Urteil vom 19. November 2015 - 2 U 75/15