Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)
Restrukturierungsgesetz / Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung
vom 09.12.2010, BGBl I, S. 1900 (PDF, 295KB, nicht barrierefrei)
Aus dem Gesetzentwurf:
Eine der wesentlichen Lehren aus der Finanzmarktkrise ist, dass geeignete Instrumente entwickelt werden müssen, um Banken, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem geordneten Verfahren entweder zu sanieren oder abzuwickeln. Mit den Mitteln des herkömmlichen Insolvenzrechts wird dies nur in seltenen Ausnahmefällen zu bewältigen sein. Die Erfahrungen mit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers haben gezeigt, dass bereits die Insolvenz einer mittelgroßen, aber stark vernetzten Bank Schockwellen auf dem Finanzmarkt auslösen kann, die die Stabilität des gesamten Finanzsystems gefährden. Auch die bislang vorhandenen bankaufsichtsrechtlichen Instrumente zur Insolvenzbewältigung sind für die Sanierung von systemrelevanten Banken nicht geeignet. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Geschäftsbetrieb einzufrieren und die Vertragsbeziehungen zu anderen Finanzmarktteilnehmern zu unterbrechen und können damit dieselben Folgen wie eine Insolvenz auslösen.
Durch staatliche Stabilisierungsmaßnahmen, die die Fortführung des Geschäftsbetriebs ermöglichen, werden die negativen Folgen für die Stabilität des Finanzmarktes zwar wirksam vermieden. Der Staat ist aber in seinem Krisenbewältigungspotential beschränkt, wenn eine Restrukturierung oder geordnete Abwicklung von systemrelevanten Banken nicht möglich ist. Zugleich wird die unternehmerische Verantwortung der beteiligten Parteien geschwächt und Gläubiger, Bankmanagement und Eigentümer werden dazu verleitet, Risiken einzugehen, die sie nicht beherrschen. Im Sinne einer wirksamen Krisenprävention muss deshalb der rechtliche und institutionelle Rahmen so justiert werden, dass solche Anreizverzerrungen und Ansteckungseffekte so weit wie möglich reduziert werden. Ziel muss es daher sein, die Schieflage einer systemrelevanten Bank ohne Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems zu bewältigen und dafür Sorge zu tragen, dass Eigen- und Fremdkapitalgeber die Kosten der Insolvenzbewältigung so weit wie möglich selbst tragen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass Restrukturierung und geordnete Abwicklung einer systemrelevanten Bank regelmäßig finanzielle Mittel erfordern werden. Diese Mittel sollen nicht wie in der Vergangenheit durch die öffentliche Hand, sondern vorrangig durch den Finanzsektor bereitgestellt werden.
Eine Ursache für die Finanzmarktkrise war, dass sich manche Manager für ihr Handeln nicht mehr persönlich verantwortlich fühlten. Vergütungen, insbesondere in Form von kurzfristiger variabler Vergütung, konnten durch riskantes Handeln verdient werden, eine persönliche Inanspruchnahme für das spätere Scheitern der Investitionen ist offenbar nicht befürchtet worden. Die Haftungsregelungen für die Organe von Aktiengesellschaften sind in Deutschland auf den ersten Blick zwar sehr streng. Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, die ihre Pflichten bei der Geschäftsführung verletzen, sind der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, im Streitfall gilt zu ihren Lasten sogar eine Beweislastumkehr, beim Verschulden genügt leichte Fahrlässigkeit. In der Vergangenheit wurden bei Managementfehlern Ersatzansprüche aber nur selten geltend gemacht. Das ändert sich nun langsam durch gesetzliche Verbesserungen und eine veränderte Einstellung der Beteiligten, insbesondere der Aufsichtsräte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die Steuerzahler mit erheblichen Mitteln zur Abwendung von Schlimmerem einspringen mussten und die langfristigen Folgen der Krise tragen müssen, erscheint es erforderlich, dass die Finanzmarktkrise sorgfältig und in Ruhe aufgearbeitet werden kann. Die Durchsetzung von Ansprüchen darf nicht an zu kurzen Verjährungsfristen scheitern.
Referentenentwurf (PDF, 737KB, nicht barrierefrei)(Stand: 05.07.2010)
Regierungsentwurf (PDF, 490KB, nicht barrierefrei) (Stand: 20.08.2010)
Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:
Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML) | Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 43KB, nicht barrierefrei) |
Öffentliche Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages vom 06.10.2010
Weitere Stellungnahmen
- zum Referentenentwurf
Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte (PDF, 57KB, nicht barrierefrei)
Deutscher Anwaltverein (Insolvenzrechtsausschuss (PDF, 48KB, nicht barrierefrei) und Handelsrechtsausschuss (PDF, 36KB, nicht barrierefrei))
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (PDF, 76KB, nicht barrierefrei)
Deutscher Notarverein (PDF, 83KB, nicht barrierefrei)
- zum Regierungsentwurf
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (PDF, 78KB, nicht barrierefrei)
Deutscher Notarverein (PDF, 49KB, nicht barrierefrei)