Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften
Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften / Gesetz über die
vom 25.06.2021, BGBl I S. 2114 (PDF, 117KB, nicht barrierefrei)
Aus dem Gesetzentwurf:
Die Insolvenzsicherung im Reiserecht ist derzeit insbesondere in § 651r des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Die Vorschrift wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2394 (PDF, 222KB, nicht barrierefrei)) eingeführt, das am 1. Juli 2018 in Kraft getreten ist und die Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1 (PDF, 531KB, nicht barrierefrei); im Folgenden: Richtlinie)* umgesetzt hat.
Reiseveranstalter kommen ihrer Verpflichtung zur Insolvenzsicherung üblicherweise durch den Abschluss einer Versicherung nach. Zulässig, wenngleich nicht gebräuchlich, ist auch die Bürgschaft eines Kreditinstituts. Der Versicherer oder das Kreditinstitut kann seine Haftung für die von ihm in einem Geschäftsjahr insgesamt zu erstattenden Beträge auf 110 Millionen Euro begrenzen, was in der Praxis stets geschieht. Im September und Oktober 2019 beantragten die deutschen Tochtergesellschaften des international ausgerichteten Touristikkonzerns Thomas Cook sowie die Tour Vital Touristik GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Zuge dieses Schadensereignisses von außergewöhnlich hohem Ausmaß hat sich gezeigt, dass die Möglichkeit der Haftungsbegrenzung auf 110 Millionen Euro zu Unsicherheit führt und die Gefahr begründet, dass Reisende nicht richtlinienkonform entschädigt werden.
Darüber hinaus hat die Entwicklung zu Beginn des Jahres 2020 eine mögliche und bislang unbekannte Schwachstelle des bisherigen Systems der Insolvenzsicherung aufgezeigt. Die Insolvenzsicherung beruht derzeit auf der Grundannahme, dass am Versicherungs- und Finanzmarkt ausreichender Deckungsschutz verfügbar ist und alle Reiseveranstalter ihren gesetzlichen Verpflichtungen damit zu vertretbaren Kosten nachkommen können. Die COVID-19-Pandemie hat jedoch gezeigt, dass diese Grundannahme nicht uneingeschränkt zutrifft. Mit den weltweiten Beschränkungen des Reiseverkehrs hat sich die Liquiditätslage der Reiseveranstalter erheblich verschlechtert und die Gefahr von Insolvenzen ist deutlich gestiegen. Damit ist die Grundlage, die Versicherer und – soweit in der Praxis überhaupt relevant – Banken ihrer Kalkulation zugrunde legen, zumindest erheblich gestört. Dies schlägt sich zunächst in höheren Prämien nieder, die für die Insolvenzsicherung verlangt werden. Im schlechtesten Fall führt es aber auch zu einem Rückzug von Versicherern aus dem Markt, wie es im Herbst 2020 bereits im Fall eines Insolvenzabsicherers festzustellen war. Dies kann im Extremfall zu einem Zusammenbruch des Marktes für Insolvenzsicherungen führen.
Diesen Gefahren soll durch die Neuregelung begegnet werden. Zudem soll bei dieser Gelegenheit auch eine begriffliche Klarstellung erfolgen. Die Vorschriften zur Insolvenzsicherung verwenden den Begriff des „Kundengeldabsicherers“, der den Umfang der Insolvenzsicherungspflicht aber nur unvollständig abbildet. Diese bezieht sich nicht nur auf die Absicherung der Kundengelder in Form der geleisteten Vorauszahlungen, sondern auch auf die Sicherstellung der Rückbeförderung der Reisenden und deren Unterbringung bis zur Rückreise. Dies soll künftig auch begrifflich deutlicher zum Ausdruck kommen. Zudem sind die Vorgaben für ein pflichtgemäßes Verhalten des Reiseveranstalters in § 651t BGB und die hieran anknüpfende Bußgeldvorschrift des § 147b der Gewerbeordnung (GewO) bisher zu eng gefasst, da sie lediglich auf Vorauszahlungen des Reisenden abstellen.
Bezug:
- Richtlinie (EU) 2015/2302 vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1 (PDF, 531KB, nicht barrierefrei))*
Werdegang auf europäischer Ebene:
Referenentenentwurf (PDF, 345KB, nicht barrierefrei) (02.02.2021)
Regierungsentwurf (PDF, 497KB, nicht barrierefrei) (10.02.2021)
Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages**:
Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML) | Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 586KB, nicht barrierefrei) |
Öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 21.04.2021
Stellungnahmen
- zum Referentenentwurf
Bundesrechtsanwaltskammer (PDF, 118KB, nicht barrierefrei)
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (PDF, 208KB, nicht barrierefrei)
Verbraucherzentrale Bundesverband (PDF, 216KB, nicht barrierefrei)
Weitere Stellungnahmen auf der Seite des BMJ
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