Der Bundesgerichtshof

Gesetz zum Schutz von Konversionsbehandlungen

Konversionsbehandlungen / Gesetz zum Schutz von

vom 12.06.2020, BGBl I S. 1285 (PDF, 23KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

In Deutschland werden nach wie vor sogenannte Konversionstherapien angeboten und durchgeführt. Hierbei handelt es sich um Behandlungen, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken.

Die Anbieter von sogenannten Konversionstherapien gehen von der Annahme aus, nicht heterosexuelle Orientierungen (zum Beispiel Homo- oder Bisexualität) oder abweichende Geschlechtsidentitäten (zum Beispiel Transgeschlechtlichkeit) seien behandlungsbedürftig.

Die Weltgesundheitsorganisation hat im Jahr 1990 Homosexualität und im Jahr 2019 auch Transsexualität von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen. Der Weltärztebund hat im Jahr 2013 sogenannte Konversionstherapien als Menschenrechtsverletzung und als mit der Ethik ärztlichen Handelns nicht vereinbar verurteilt und der Deutsche Ärztebund hat im Jahr 2014 vor den negativen Auswirkungen derartiger „Therapien“ auf die Gesundheit gewarnt.

Ein wissenschaftlich valider Nachweis für die behauptete Wirkung derartiger „Therapien“ im Sinne einer Änderung der sexuellen Orientierung existiert nicht. Wissenschaftlich nachgewiesen sind dagegen zum einen schädliche Effekte solcher „Therapien“ auf behandelte Personen, zum Beispiel Depressionen, Ängste und gesteigerte Suizidalität, zum anderen Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte in Form von Minderheitenstress.

Die Bundesregierung spricht sich daher, ebenso wie die maßgeblichen nationalen und internationalen wissenschaftlichen und psychotherapeutischen Verbände sowie der Bundesrat, deutlich gegen sogenannte Konversionstherapien aus.

Anbieter von sogenannten Konversionstherapien stellen deren fehlende Wirksamkeit und Schädlichkeit seit Jahren infrage. Sie führen, meist aus religiösen oder weltanschaulichen Motiven, trotz fehlender medizinischer Indikation weiter Konversionsversuche an Personen durch. Bei den Zielgruppen handelt es sich sowohl um Minderjährige als auch um Erwachsene.

Mit sogenannten Konversionstherapien wird in die sexuelle und geschlechtliche Entwicklung und Selbstbestimmung, in die körperliche Unversehrtheit sowie den Achtungsanspruch und die Ehre des Einzelnen eingegriffen.

Betroffen sind besonders vulnerable Personen wie Minderjährige, da sie sich noch in der Phase der Identitätsfindung befinden, und Volljährige, wenn ihre Einwilligung zu einer sogenannten Konversionstherapie auf einem Willensmangel beruht, beispielsweise weil sie durch Zwang oder durch Täuschung zustande kam.

Die gegenwärtige Rechtslage im Bereich des Strafrechts trägt dem Phänomen der sogenannten Konversionstherapien nicht angemessen Rechnung. Insbesondere wird durch die vorhandenen Vorschriften der Unrechtskern, die Verletzung der sexuellen und geschlechtlichen Selbstbestimmung sowie der köperlichen Integrität durch psychische Beeinträchtigungen, nicht hinreichend erfasst.

Es besteht daher ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, die Durchführung von sogenannten Konversionstherapien an Minderjährigen und an Volljährigen, die nicht wirksam eingewilligt haben, zu verbieten und strafrechtlich zu sanktionieren. Zudem sind zum Schutz potentieller weiterer Opfer und zum Schutz Dritter vor Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekten auch das öffentliche Werben für sowie das öffentliche Anbieten und Vermitteln von sogenannten Konversionstherapien zu verbieten und durch eine Geldbuße – bezogen auf die Tatbestände des Werbens und Anbietens – zu sanktionieren. Bei Minderjährigen ist auch das nichtöffentliche Werben für sowie das nichtöffentliche Anbieten und Vermitteln von sogenannten Konversionstherapien zu verbieten und durch eine Geldbuße – bezogen auf die Tatbestände des Werbens und Anbietens – zu sanktionieren. Das Vermitteln einer Konversionsbehandlung an einen Minderjährigen ist grundsätzlich sogar als eine Behilfe zur Durchführung der Behandlung gemäß § 27 StGB in Verbindung mit § 5 Absatz 1 strafbar, wenn die vermittelte Konversionsbehandlung durchgeführt wurde.

Da sogenannten Konversionstherapien häufig von Personen durchgeführt werden, die nicht Angehörige eines Heilberufes sind, ist im Hinblick auf den möglichen Täterkreis ein umfassendes Verbot vorzusehen. Mit gesetzgeberischen Maßnahmen soll darüber hinaus die erforderliche Aufklärungsarbeit unterstützt werden, um die Rechte und Interessen der betroffenen Menschen zu stärken und deren gesellschaftliche Diskriminierung zu bekämpfen.


Referentenentwurf (PDF, 353KB, nicht barrierefrei) (29.10.2019) u.d.T.: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Behandlungen zur Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität (Sexuelle-Orientierung-und-geschlechtliche-Identität-Schutz-Gesetz - SOGISchutzG)


Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:

Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML)Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 589KB, nicht barrierefrei)


Öffentliche Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am 11.03.2020

Stellungnahmen


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