Der Bundesgerichtshof

Sechzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland

Strafrechtsänderungsgesetz 60. - Modernisierung des Schriftenbegriffs und anderer Begriffe sowie Erweiterung der Strafbarkeit nach den §§ 86, 86a, 111 und 130 des Strafgesetzbuches bei Handlungen im Ausland

vom 30.11.2020, BGBl I S. 2600 (PDF, 58KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

Der strafrechtliche Schriftenbegriff (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches – StGB) und die darauf bezogene Verwendung des Begriffs „Schriften“ in den einschlägigen Tatbeständen werden schon begrifflich der Lebenswirklichkeit heutiger Tatbegehungsformen nicht mehr gerecht. Die Verbreitung strafbarer Inhalte erfolgt nicht mehr vorrangig über papierene Trägermedien, sondern digital über moderne Informations- und Kommunikationstechnik, insbesondere über das Internet. Dies schließt auch Übertragungen von Inhalten ein, ohne dass eine Speicherung des Inhalts beim Empfänger erfolgt. Durch die Änderungen des Neunundvierzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015 (BGBl I S. 10 (PDF, 65KB, nicht barrierefrei) – 49. StrÄndG) wurden zwar die daraus entstehenden praktischen Anwendungsprobleme insbesondere für den Bereich der Pornographiedelikte (§§ 184 ff. StGB) und der Volksverhetzung (§ 130 StGB) durch Spezialregelungen überwiegend gelöst. Jedoch verbleiben auch in diesen Bereichen rechtliche Unsicherheiten, vor allem, da der dort verwendete Begriff „Telemedien“ erhebliche Auslegungsschwierigkeiten begründet und zunehmend als zu eng angesehen wird. Bei anderen Schriftenverbreitungstatbeständen – zum Beispiel im Ersten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB – fehlen solche Sonderregelungen zur Erfassung der modernen Medien noch ganz oder es finden sich im Detail unterschiedliche Einzelansätze, um die Einbeziehung von modernen Informations- oder Kommunikationstechniken zu gewährleisten. Eine einheitliche Gesamtkonzeption gibt es bislang nicht.

Auch die Verwendung der Begriffe „Schwachsinn“ und „Abartigkeit“ in § 20 StGB und § 12 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten als Beschreibung möglicher Ursachen der Aufhebung der Schuldfähigkeit ist nicht mehr zeitgemäß, da diese Begriffe im psychiatrischen und psychologischen Sprachgebrauch keine Verwendung mehr finden und als herabsetzend empfunden werden können.

Darüber hinaus können aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und § 130 StGB (Volksverhetzung) vom Ausland ausgehende Handlungen, insbesondere unter Verwendung des Internets, nicht mehr angemessen erfasst werden. Das Gleiche ist für § 111 StGB (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten) anzunehmen.

Bezug:

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. April 2015 betr. Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und mit Volksverhetzung (3 StR 602/14)

  • Empfehlungen der BR-Ausschüsse auf BR-Drs 422/1/14 (PDF, 191KB, nicht barrierefrei)

  • Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe "Digitale Agenda für das Straf- und Strafprozessrecht" vom 15. November 2018

  • Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht vom 19. Juli 2017

  • Siehe auch GESTA C015



Referentenentwurf (PDF, 949KB, nicht barrierefrei) (04.09.2019)

Regierungsentwurf (PDF, 1MB, nicht barrierefrei) (11.03.2020)


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