Der Bundesgerichtshof

Terminhinweis in Sachen X ZR 138/11 und X ZR 146/11 für den 5. Juni 2012

Ausgabejahr 2012
Erscheinungsdatum 09.05.2012

Nr. 062/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 5. Juni 2012

X ZR 138/11

AG Köln - Urteil vom 25. Oktober 2010 – 142 C 153/10

LG Köln - Urteil vom 27. Oktober 2011 – 6 S 282/10

und

X ZR 146/11

AG Frankfurt am Main - Urteil vom 24. März 2011 – 32 C 2262/10-41

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. November 2011 – 2-24 S 80/11

In den beiden Reisesachen beanspruchen die Kläger Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Abs. 1c, Art. 5 Abs. 1c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste* im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (nachfolgend: Fluggastrechteverordnung), weil ihre für Oktober 2010 vorgesehenen Flüge von Miami nach Deutschland wegen eines Streiks der Piloten der Beklagten annulliert worden waren. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie von der Leistung von Ausgleichszahlungen nach der Verordnung befreit sei, weil es sich auch bei einem Streik der eigenen Piloten um ein für sie unabwendbares Ereignis im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung** handele und sie im konkreten Fall alles Zumutbare zur Vermeidung der Annullierungen getan habe.

Im Verfahren X ZR 138/11 hat das Amtsgericht Köln den Ausgleichsanspruch zugesprochen. Es könne dahinstehen, ob es sich bei einem betriebsinternen Streik überhaupt um ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung handele, weil die Beklagte nicht hinreichend dargetan habe, alles Zumutbare zur Vermeidung der Annullierung getan zu haben. Die Berufung der Beklagten wurde vom Landgericht Köln mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Beklagte zwar hinreichend dargetan habe, alles Zumutbare zur Vermeidung der Annullierung getan zu haben. Dies entlaste sie aber nicht, weil ein Streik eigener Mitarbeiter des ausführenden Luftfahrtunternehmens kein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung darstelle.

Im Verfahren X ZR 146/11 hat das Amtsgericht Frankfurt am Main den Ausgleichsanspruch ebenfalls zugesprochen. Ein Pilotenstreik sei kein Ereignis, das die Beklagte von ihrer Haftung befreien könne. Ob und wie gestreikt werde hänge von dem Flugunternehmen selbst ab. Ein Pilotenstreik sei mithin von dem Flugunternehmen steuerbar und damit zu dessen Haftungsbereich hinzuzuzählen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Frankfurt am Main dieses Urteil abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Auch der Streik des eigenen Personals des ausführenden Luftfahrtunternehmens stelle ein unabwendbares Ereignis im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung dar. Dies ergebe sich aus dem 14. Erwägungsgrund der Verordnung***, in dem explizit den Betrieb des ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigende Streiks erwähnt würden, ohne zwischen internen und externen Streiks zu differenzieren. Die Beklagte habe die Annullierung des Rückfluges auch nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeiden können. Insbesondere sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, andere Piloten zur Aushilfe anzustellen.

*Art. 7 der Verordnung: "Ausgleichsanspruch"

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

**Art. 5 der Verordnung: "Annullierung"

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen …

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …

(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

***Erwägungsgrund 14 der Verordnung:

Wie nach dem Übereinkommen von Montreal sollten die Verpflichtungen für ausführende Luftfahrtunternehmen in den Fällen beschränkt oder ausgeschlossen sein, in denen ein Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.

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Ergänzende Dokumente

Urteil des VI. Zivilsenats vom 15.5.2012 - VI ZR 117/11 -