Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin am 19. März 2019, 9.00 Uhr in Sachen X ZR 107/16 (Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage nach einer Schenkung zugunsten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft)

Ausgabejahr 2019
Erscheinungsdatum 20.02.2019

Nr. 016/2019

Die Klägerin verlangt aus eigenem und dem abgetretenen Recht ihres Ehemanns vom Beklagten die Rückzahlung von Finanzierungsbeiträgen für eine Wohnimmobilie, die der Beklagte gemeinsam mit der Tochter der Klägerin erworben.

Sachverhalt:

Die Klägerin und Ehemann sind die Eltern der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten; die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Tochter mit dem Beklagten bestand seit 2002. Im Jahr 2011 kauften die Tochter der Klägerin und der Beklagte eine Immobilie zum gemeinsamen Wohnen. Die Klägerin und ihr Ehemann wandten ihnen zur Finanzierung Beträge von insgesamt 104.109,10 € zu. Ende Februar 2013 trennten sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte. Im Januar 2014 begehrten die Klägerin und ihr Ehemann die zugewandten Beträge zurück. Mit der Klage verlangen sie von dem Beklagten die Hälfte der Beträge.Die Klägerin stützt dies in erster Linie auf eine Darlehensabrede; hilfsweise macht sie sich den Vortrag des Beklagten zu eigen, die Zuwendungen seien unentgeltlich erfolgt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung des Beklagten ist in Höhe von 47.040,77 € erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat in dieser Höhe auf der Grundlage des Vortrags des Beklagten einen Anspruch wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für begründet erachtet. Mit der Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hätten sich Umstände schwerwiegend verändert, von deren Vorhandensein die Vertragsparteien der Schenkung gemeinsam ausgegangen seien. Den Zuwendungen habe die gemeinsame Vorstellung zugrunde gelegen, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde lebenslangen Bestand haben. Mit der Trennung, die kurze Zeit nach der Zuwendung erfolgt sei, sei diese Geschäftsgrundlage weggefallen und der Klägerin ein Festhalten an der Schenkung nicht zuzumuten. Da die Tochter der Klägerin jedoch mindestens vier Jahre in der gemeinsamen Wohnimmobilie gewohnt habe, habe sich der mit der Schenkung verfolgte Zweck teilweise verwirklicht. Diese Zweckerreichung sei in Relation zur erwarteten Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft zu setzen. Demnach habe der Beklagte 93,6 % seines hälftigen Anteils an den geschenkten Zuwendungen, mithin 47.040,77 € zurück zu zahlen.

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Vorinstanzen:

LG Potsdam - Urteil vom 20. August 2015 - 2 O 166/14
OLG Brandenburg - Urteil vom 26. Oktober 2016 - 4 U 159/15

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 313 BGB - Störung der Geschäftsgrundlage

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

§ 516 BGB - Begriff der Schenkung

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(…)

Karlsruhe, den 20. Februar 2019

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