Verurteilung eines vorgeblichen Heilpraktikers wegen Mordes an seiner Ehefrau durch das Landgericht Flensburg rechtskräftig
Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 10.06.2025
Nr. 110/2025
Beschluss vom 20. Mai 2025 - 5 StR 698/24
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Flensburg verworfen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht den Angeklagten wegen Mordes an seiner Ehefrau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskräftig.
Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte im September 2022 seine an Multipler Sklerose erkrankte und pflegebedürftige Ehefrau, indem er ihr ohne ihr Wissen und Wollen - mutmaßlich aufgelöst in einem Getränk - in Überdosis ein Antidepressivum verabreichte. Dieses führte nach vier Tagen zum Tod, was der Angeklagte noch zu beschleunigen versuchte, indem er der Geschädigten im weiteren Verlauf mit einem Messer zweifach in den Bauch stach. Der Angeklagte nahm das Antidepressivum in deutlich geringerer Dosis auch selbst ein und fügte auch sich - überwiegend harmlose - Messerstiche zu, um das Geschehen als einseitig misslungenen Doppelsuizid zu tarnen. Mit der Tat wollte der Angeklagte verhindern, dass die Geschädigte von seinen außerehelichen sexuellen Beziehungen sowie davon erfährt, dass er als angeblicher Heilpraktiker sexuelle Handlungen an "Patientinnen" vorgenommen und zudem teils heimlich, teils mit Wissen der Betroffenen hunderte Nacktfotos gefertigt hatte. Nachdem wenige Tage vor der Tat aufgrund einer Strafanzeige eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte und das Mobiltelefon sowie Speichermedien des Angeklagten beschlagnahmt worden waren, fürchtete er, von seiner Frau nach Kenntniserlangung von deren Inhalt verlassen zu werden, was den Verlust seiner wirtschaftlichen Existenz sowie von testamentarisch in Aussicht gestellten Vermächtnissen bedeutet hätte.
Das Landgericht hat die Tat als Mord (§ 211 StGB) bewertet. Dazu hat es wegen der heimlichen Verabreichung des Antidepressivums das Mordmerkmal der Heimtücke bejaht. Zudem ist es davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Tötung aus Habgier vornahm. Insbesondere in der Erfüllung von somit gleich zwei Mordmerkmalen hat das Landgericht die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erblickt.
Die Überprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.
Vorinstanz:
LG Flensburg - Urteil vom 12. Juni 2024 - 1 Ks 106 Js 19856/22
Die maßgeblichen Vorschriften des Strafgesetzbuchs lauten:
§ 211 Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
§ 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe
(1) 1Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
1.fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen. (...)
§ 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe
(1) 1Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
1.(...)
2.dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.die verurteilte Person einwilligt. (...)
Karlsruhe, den 10. Juni 2025
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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