Bundesgerichtshof eröffnet erstinstanzliches Strafverfahren gegen eine weitere Angeklagte im NSU-Komplex
Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 10.06.2025
Nr. 111/2025
Beschluss vom 16. April 2025 - StB 69/24
Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat hat auf eine sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts dessen Anklage unter anderem wegen des Vorwurfs der mehrfachen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor dem Oberlandesgericht Dresden eröffnet.
Der Generalbundesanwalt legt mit seiner zum Oberlandesgericht Dresden erhobenen Anklage einer Angeklagten neben der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung die Unterstützung der terroristischen Vereinigung "NSU" in drei Fällen zur Last. Das Oberlandesgericht hatte das Hauptverfahren vor dem Landgericht Zwickau mit der Maßgabe eröffnet, dass der Angeklagten lediglich die Beihilfe zu dem Erpressungsdelikt vorzuwerfen sei. Zur Begründung hatte es ausgeführt, den durch die Ermittlungen gewonnenen Erkenntnissen lasse sich kein hinreichender Verdacht dahin entnehmen, dass die Angeklagte im Tatzeitraum Kenntnis von den Mordanschlägen des NSU unter Einsatz von Schusswaffen oder mittels Sprengstoff, damit von der terroristischen Zielsetzung der Vereinigung, gehabt oder dies billigend in Kauf genommen habe. Sie sei wahrscheinlich nur darüber informiert gewesen, dass das Trio seinen Lebensunterhalt durch Raubüberfälle bestritten habe.
Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts hat der Bundesgerichtshof das Hauptverfahren vor einem anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden eröffnet und die Anklage insgesamt zur Hauptverhandlung zugelassen.
Nach der vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts deshalb eröffnet, weil das Ermittlungsergebnis bei vorläufiger Bewertung einen hinreichenden Tatverdacht auch in Bezug auf die subjektive Tatseite der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ergibt. In objektiver Hinsicht förderte die Angeklagte - wie auch das Oberlandesgericht angenommen hatte - wahrscheinlich durch drei Handlungen die Zwecke und die Tätigkeit des NSU. Sie ist zum einen hinreichend verdächtig, ihre Krankenversichertenkarte der mittlerweile rechtskräftig verurteilten Beate Z. für medizinische Behandlungen unter falscher Identität überlassen zu haben, zum anderen, zusammen mit ihrem ebenfalls rechtskräftig verurteilten Ehemann dem zwischenzeitlich verstorbenen Böhnhardt sowie Z. gültige Bahncards der Deutschen Bahn verschafft zu haben, die auf das Ehepaar ausgestellt, indes mit Lichtbildern der beiden Begünstigten versehen gewesen seien, und schließlich in die Anmietung eines Wohnmobils eingebunden gewesen zu sein, welches Böhnhardt und der gleichfalls verstorbene Mundlos genutzt hätten, um ihren letzten Raubüberfall zu begehen.
Der nunmehr mit dieser Sache befasste Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden wird eine Hauptverhandlung anzuberaumen und durchzuführen haben.
Vorinstanz:
OLG Dresden - 4 St 1/24 - Beschluss vom 25. Oktober 2024
Karlsruhe, den 10. Juni 2025
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