Der Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof billigt Baukostenzuschuss für Batteriespeicher

Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 15.07.2025

Nr. 129/2025

Beschluss vom 15. Juli 2025 - EnVR 1/24

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Bundesnetzagentur nicht verpflichtet ist, dem Betreiber eines örtlichen Elektrizitätsverteilernetzes die Erhebung eines Baukostenzuschusses nach dem Leistungspreismodell für den Netzanschluss eines Batteriespeichers zu untersagen.

Sachverhalt:

Die Antragstellerin betreibt bundesweit Batteriespeicher. Die weitere Beteiligte ist Betreiberin eines Elektrizitätsverteilernetzes. Im Mai 2021 begehrte die Antragstellerin von der weiteren Beteiligten den Netzanschluss eines Batteriespeichers mit einer maximalen Lade- und Entladeleistung von 1.725 Kilowatt und einer Speicherkapazität von 3.450 Kilowattstunden. Der Batteriespeicher sollte als rein netzgekoppelter Speicher errichtet und betrieben werden. Ein Verbrauch der zwischengespeicherten Energie vor Ort war nicht beabsichtigt. Die weitere Beteiligte wies der Antragstellerin einen Netzverknüpfungspunkt zu und verlangte die Zahlung eines Baukostenzuschusses. Dessen Höhe berechnete sie auf der Grundlage des Positionspapiers der Bundesnetzagentur zur Erhebung von Baukostenzuschüssen im Bereich von Netzebenen oberhalb der Niederspannung 2009 (BK6p-06-003) nach dem sogenannten Leistungspreismodell. Mit Antrag vom 20. Juni 2022 forderte die Antragstellerin die Bundesnetzagentur auf, der weiteren Beteiligten gemäß § 31 EnWG die Geltendmachung eines Baukostenzuschusses dem Grunde nach und hilfsweise in der errechneten Höhe zu untersagen. Die Bundesnetzagentur wies den Antrag mit Beschluss vom 6. Dezember 2022 zurück. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2023 den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben und sie verpflichtet, über den Antrag erneut zu entscheiden. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Bundesnetzagentur gegen diese Beurteilung.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Erhebung eines nach dem Leistungspreismodell ermittelten Baukostenzuschusses für rein netzgekoppelte Batteriespeicher im Sinn des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG diskriminierend ist. Zwar unterscheiden sich Batteriespeicher von anderen Letztverbrauchern dadurch, dass sie den aus dem Verteilernetz entnommenen Strom nicht verbrauchen, sondern zeitversetzt wieder einspeisen. Der nach dem örtlichen Leistungspreis berechnete Baukostenzuschuss wirkt bei Batteriespeichern stärker standortsteuernd als bei anderen Letztverbrauchern. Zudem können Batteriespeicher auch netzdienliche Wirkungen haben, weil sie bei (drohenden) Netzengpässen bedarfsgerecht Strom speichern oder ins Netz einspeisen können. Die Gleichbehandlung von netzgekoppelten Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern ist jedoch nach dem Sinn und Zweck des Baukostenzuschusses gleichwohl objektiv gerechtfertigt. Dem anschlussverpflichteten Netzbetreiber kommt insoweit ein Entscheidungsspielraum zu. Entscheidet er sich, Baukostenzuschüsse nach Maßgabe des Positionspapiers 2009 der Bundesnetzagentur zu verlangen, kommt es darauf an, ob die Vorgaben der Bundesnetzagentur ihrerseits mit dem Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 EnWG in Einklang stehen.

Die Bundesnetzagentur durfte davon ausgehen, dass die Erhebung des Baukostenzuschusses nach dem Leistungspreismodell trotz der festgestellten Unterschiede zwischen Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen steht. Der Baukostenzuschuss nach dem Leistungspreismodell erfüllt nach seinem Sinn und Zweck eine Lenkungs- und Steuerungsfunktion, weil der Anschluss umso teurer wird, je höher der Leistungsbedarf ist. Der Anschlussnehmer soll angehalten werden, den Netzanschluss seinem tatsächlichen Leistungsbedarf entsprechend zu beantragen, um eine Überdimensionierung des Verteilernetzes und damit einhergehende Netzausbaukosten, die alle Netznutzer tragen müssen, zu vermeiden. Der Baukostenzuschuss soll außerdem zur Finanzierung des Verteilernetzes beitragen. Beides gilt auch für netzgekoppelte Batteriespeicher, soweit sie das Netz durch Entnahmen nutzen. Der Netzanschluss ist wie bei anderen Letztverbrauchern der angefragten Entnahmekapazität entsprechend zu dimensionieren; die Einspeisefunktion hat darauf keinen Einfluss.

Der Zweck des Baukostenzuschusses wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Batteriespeicher auch netzdienliche Wirkungen haben können. Die Ansiedlung von Batteriespeichern kommt, selbst wenn sie das Gesamtnetz entlasten können, nicht stets dem lokalen Anschlussnetz zu Gute, für das der Baukostenzuschuss verlangt wird. Dass die Antragstellerin vorliegend bereit war, mit ihrem Batteriespeicher netzentlastende Maßnahmen zu ergreifen, ist nicht maßgeblich. Nur der Netzbetreiber kann beurteilen, ob und unter welchen Voraussetzungen der netzdienliche Betrieb von Batteriespeichern im örtlichen Verteilernetz zur Verhinderung von Netzausbaumaßnahmen führen kann. Es unterliegt daher seinem Entscheidungsspielraum, ob bei der Erhebung von Baukostenzuschüssen transparente und diskriminierungsfreie, mithin notwendig für alle Netzanschlusspetenten geltende, generalisierende Anreize für die Ansiedlung von Batteriespeichern gesetzt werden sollen.

Entgegen dem Beschwerdegericht ergibt sich die Unzulässigkeit des Baukostenzuschusses für Batteriespeicher nicht aus einer Gesamtbetrachtung unionsrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit der Energiespeicherung. Zwar sind in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 und in der Elektrizitätsbinnenmarktverordnung (EU) 2019/943 vom 5. Juni 2019 verschiedene Regelungen zur Energiespeicherung enthalten, die den Anschluss neuer Energiespeicheranlagen erleichtern sollen. Dabei handelt es sich aber um allgemeine Zielbestimmungen, die einen Umsetzungsspielraum belassen und in einem Spannungsverhältnis mit anderen Zielen stehen, wie etwa dem Ziel, Haushaltskunden mit den Kosten für die Stromversorgung nicht unverhältnismäßig zu belasten. Aus den Vorschriften des Unionsrechts lässt sich daher nicht unmittelbar ableiten, dass für den Netzanschluss von Speicheranlagen keine Baukostenzuschüsse erhoben werden dürfen, zumal der Gesetzgeber diese sowohl durch ihre Freistellung von Netzentgelten als auch steuerlich bereits in vielfacher Hinsicht privilegiert und fördert. Würde man Batteriespeicher darüber hinaus auch von Baukostenzuschüssen freistellen oder diese rabattieren, müssten die Anschlusskosten auf die Netzentgelte umgelegt und damit von der Gemeinschaft der Letztverbraucher getragen werden, während die wirtschaftliche Nutzung der Speicher, etwa durch Ausnutzung der Preisschwankungen auf den Spotmärkten (Spreads), allein dem Betreiber der Speicheranlage zugutekäme.

Vorinstanz:

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 20. Dezember 2023 - VI-3 Kart 183/23 [V]

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 17 EnWG Netzanschluss, Verordnungsermächtigung; Festlegungskompetenz

(1) Betreiber von Energieversorgungsnetzen haben Letztverbraucher, gleich- oder nachgelagerte Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze sowie -leitungen, Ladepunkte für Elektromobile, Erzeugungs- und Gasspeicheranlagen sowie Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie zu technischen und wirtschaftlichen Bedingungen an ihr Netz anzuschließen, die angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und nicht ungünstiger sind, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet werden. […]

§ 31 EnWG Besondere Missbrauchsverfahren der Regulierungsbehörde

(1) Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen erheblich berührt werden, können bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Überprüfung dieses Verhaltens stellen. Diese hat zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Betreibers von Energieversorgungsnetzen mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 oder der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie den nach § 29 Abs. 1 festgelegten oder genehmigten Bedingungen und Methoden übereinstimmt. […]

Artikel 3 Richtlinie (EU) 2019/944

Wettbewerbsfähiger, verbraucherorientierter, flexibler und diskriminierungsfreier Elektrizitätsmarkt

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass durch ihr nationales Recht der länderübergreifende Stromhandel, die Beteiligung der Verbraucher, auch durch Laststeuerung, sowie Investitionen insbesondere in die variable und flexible Energieerzeugung, die Energiespeicherung oder den Ausbau der Elektromobilität oder in neue Verbindungsleitungen zwischen den Mitgliedstaaten nicht unnötig behindert werden und dass in den Strompreisen das tatsächliche Angebot und die tatsächliche Nachfrage zum Ausdruck kommen.

[...]

Art. 8 Richtlinie (EU) 2019/944

Genehmigungsverfahren für neue Kapazitäten

(1) […]

(2) Die Mitgliedstaaten legen die Kriterien für die Erteilung von Genehmigungen zur Schaffung von Erzeugungskapazitäten in ihrem Hoheitsgebiet fest. Bei der Festlegung geeigneter Kriterien tragen die Mitgliedstaaten folgenden Aspekten Rechnung:

[…]

l) Alternativen zur Schaffung neuer Erzeugungskapazitäten, beispielsweise Laststeuerung und Energiespeicherung.

Artikel 42 Richtlinie (EU) 2019/944

Entscheidungsbefugnisse im Zusammenhang mit dem Anschluss neuer Erzeugungsanlagen und Energiespeicheranlagen an das Übertragungsnetz

(1) Der Übertragungsnetzbetreiber entwickelt und veröffentlicht transparente und effiziente Verfahren für den diskriminierungsfreien Anschluss neuer Erzeugungsanlagen und Energiespeicheranlagen an das Übertragungsnetz. Diese Verfahren bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörden.

[…]

Art. 58 Richtlinie (EU) 2019/944

Allgemeine Ziele der Regulierungsbehörde

Bei der Wahrnehmung der in dieser Richtlinie genannten Regulierungsaufgaben trifft die Regulierungsbehörde alle angemessenen Maßnahmen zur Verwirklichung folgender Ziele im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse gemäß Artikel 59, erforderlichenfalls in engem Einvernehmen mit anderen einschlägigen nationalen Behörden, einschließlich der Wettbewerbsbehörden und der Behörden - einschließlich Regulierungsbehörden - der Nachbarmitgliedstaaten und gegebenenfalls benachbarten Drittländer, und unbeschadet deren Zuständigkeit:

[…]

e) Erleichterung des Anschlusses neuer Erzeugungsanlagen und Energiespeicheranlagen an das Netz, insbesondere durch Beseitigung von Hindernissen, durch die der Zugang neuer Marktteilnehmer und die Einspeisung von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen verhindert werden könnte,

[…]

Art. 18 Verordnung (EU) 2019/943

Entgelte für den Netzzugang, die Nutzung und den Ausbau der Netze

(1) Die Entgelte, die die Netzbetreiber für den Zugang zu den Netzen erheben, einschließlich Entgelte für den Anschluss an die Netze, Entgelte für die Nutzung der Netze und etwaige Entgelte für den damit verbundenen Ausbau der Netze, müssen kostenorientiert und transparent sein, der Notwendigkeit der Netzsicherheit und der Flexibilität Rechnung tragen und die tatsächlichen Kosten insofern zum Ausdruck bringen, als sie denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen und unterschiedslos angewandt werden. Die Entgelte dürfen keine damit nicht zusammenhängenden Kosten zur Unterstützung damit nicht zusammenhängender politischer Ziele umfassen.

Unbeschadet des Artikels 15 Absätze 1 und 6 und der Kriterien in Anhang XI der Richtlinie 2012/27/EU muss die Methode zur Bestimmung der Netzentgelte in neutraler Weise langfristig durch Preissignale für Kunden und Erzeuger zur Gesamteffizienz des Netzes beitragen und insbesondere so angewandt werden, dass durch sie die an die Verteilerebene angeschlossenen Erzeugungsanlagen gegenüber den an die Übertragungsebene angeschlossenen Erzeugungsanlagen weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Die Netzentgelte dürfen Energiespeicherung oder -aggregierung weder bevorteilen noch benachteiligen und auch keine Negativanreize für Eigenerzeugung, Eigenverbrauch oder die Teilnahme an der Laststeuerung setzen. Diese Entgelte dürfen unbeschadet des Absatzes 3 dieses Artikels nicht entfernungsabhängig sein.

[…]

Karlsruhe, den 15. Juli 2025

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Ergänzende Dokumente

Beschluss des Kartellsenats vom 15.7.2025 - EnVR 1/24 -