Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin am 11. November 2025 um 11.30 Uhr in Sachen VI ZR 415/23 und VI ZR 416/23 - Berichterstattung über die Verwendung der Überwachungssoftware "Pegasus"

Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 18.08.2025

Nr. 160/2025

Der unter anderem für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage zu entscheiden, ob einem ausländischen Staat äußerungsrechtliche Abwehransprüche gegen inländische Medien zustehen können.

Sachverhalt:

Der Kläger ist das Königreich Marokko. Er nimmt die Beklagten als Betreiberin des Nachrichtenportals "ZEIT ONLINE", Verfahren VI ZR 415/23, bzw. als Verlegerin der Tageszeitung "Süddeutsche Zeitung" und Betreiberin des dazugehörigen Online-Nachrichtenportals, Verfahren VI ZR 416/23, auf Unterlassung von Verdachtsäußerungen in Anspruch.

Die Beklagten veröffentlichten in der Zeit von Juli 2018 bis Juli 2023 verschiedene Beiträge, die sich mit der Überwachungssoftware "Pegasus" und der mit ihrer Hilfe erfolgten Überwachung hochrangiger Politiker, Rechtsanwälte und Journalisten befassen. Nach Darstellung der Autoren wird die Software auch von Geheimdiensten benutzt. Als Beispiel hierfür wurde in den Beiträgen die Tätigkeit des Geheimdienstes des Klägers genannt; er stehe im Verdacht, unter Zuhilfenahme der Software unter anderem den französischen Präsidenten ausgespäht zu haben. Der Kläger behauptet, er gehöre weder zu den Kunden des Herstellers der Überwachungssoftware noch habe er die Software "Pegasus" erworben. Die Berichterstattung verletze ihn in schwerwiegender Weise in seinem sozialen Achtungsanspruch und in seiner Staatenwürde.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen, weil ein ausländischer Staat äußerungsrechtliche Ansprüche nicht mit Erfolg geltend machen könne. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen des Klägers zurückgewiesen.

Vorinstanzen:

VI ZR 415/23

Landgericht Hamburg - Entscheidung vom 3. Juni 2022 - 324 O 355/21

Hanseatisches Oberlandesgericht - Entscheidung vom 21. November 2023 - 7 U 37/22

und

VI ZR 416/23

Landgericht Hamburg - Entscheidung vom 3. Juni 2022 - 324 O 350/21

Hanseatisches Oberlandesgericht - Entscheidung vom 21. November 2023 - 7 U 38/22

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 823 BGB - Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

§ 1004 BGB - Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (analoge Anwendung bei der Verletzung anderer absolut geschützter Rechtsgüter)

(1) 1Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. 2Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

§ 186 StGB Üble Nachrede

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 194 Strafantrag

(1) …

(2) …

(3) 1Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. 2Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. 3Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(4) Richtet sich die Tat gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so wird sie nur mit Ermächtigung der betroffenen Körperschaft verfolgt.

Karlsruhe, den 18. August 2025

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