Verhandlungstermin am 15. Oktober 2025, 9.00 Uhr in Sachen IV ZR 86/24 (Auslegung von Klauseln in einer Verkehrs-Rechtsschutzversicherung im Zusammenhang mit einer Dieselklage)
Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 16.09.2025
Nr. 170/2025
Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich am 15. Oktober 2025 mit Fragen zum Umfang des Deckungsschutzes bei Abschluss einer Verkehrs-Rechtsschutzversicherung zu befassen haben, insbesondere damit, ob nach den maßgeblichen Versicherungsbedingungen Deckungsschutz nur für Ereignisse besteht, die dem Versicherungsnehmer als Eigentümer, Halter, Fahrer oder Insasse eines zugelassenen Fahrzeugs mit dem Fahrzeug widerfahren, oder auch für Ereignisse, die ihm in seiner Eigenschaft als Erwerber eines noch zuzulassenden Fahrzeugs betreffen.
Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Schadensabwicklungsunternehmen des Rechtsschutzversicherers, auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz für die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen gegen eine Herstellerin wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung bei einem von ihr erworbenen Fahrzeug sowie auf Schadensersatz wegen Nichterteilung der Deckungszusage in Anspruch. Sie unterhält bei der A. Versicherung seit 1997 eine Verkehrs-Rechtsschutzversicherung nach "§ 21 VRB 1994 für die private Nutzung 1 PKW". Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden "Verkehrsrechtsschutz-Versicherungsbedingungen (VRB) 1994" lauten auszugsweise:
"§ 21Verkehrs-Rechtsschutz mit Vorsorgeversicherung und Personen-
Verkehrsrechtsschutz
(1)Versicherungsschutz besteht für den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Eigentümer, Halter, Fahrer und Insasse aller bei Vertragsabschluß auf ihn zugelassenen und im Versicherungsschein genannten Fahrzeuge. Als auf den Versicherungsnehmer zugelassen gilt ein Fahrzeug, wenn auf seinen Namen ein Fahrzeugschein ausgestellt und ein amtliches Kennzeichen erteilt worden ist.
(2)Ferner besteht Versicherungsschutz hinsichtlich aller später während der Vertragsdauer auf ihn zugelassenen Fahrzeuge der im Versicherungsschein genannten Gruppe. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alle auf ihn zugelassenen Fahrzeuge einer Gruppe zum Versicherungsschutz anzumelden, wenn im Versicherungsschein ein Fahrzeug dieser Gruppe genannt ist.
…
(8)Die Vorsorgeversicherung wird wirksam, wenn sich nach Vertragsabschluß die Gesamtzahl der auf den Versicherungsnehmer zugelassenen Fahrzeuge der Gruppe eines im Versicherungsschein genannten Fahrzeugs erhöht. Hinzukommende Fahrzeuge aus den ersten zwei Gruppen sind vom Zeitpunkt der Zulassung bis zum Ende des Versicherungsjahrs ohne Mehrbeitrag mitversichert. Bei den anderen Gruppen ist der anteilige Beitrag zum Ende des Versicherungsjahres nachzuentrichten. Wird ein Fahrzeug hinzuerworben, das in die Gruppe eines versicherten Fahrzeugs fällt, so besteht Versicherungsschutz auch für Rechtsschutzfälle, die im Zusammenhang mit dem Vertrag über den Erwerb stehen. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug zum gewerblichen Weiterverkauf erworben wird.
…
§ 23Fahrer-Rechtsschutz mit Vorsorgeversicherung
(3)Die Vorsorgeversicherung wird wirksam, wenn der Versicherungsnehmer ein Fahrzeug auf sich zuläßt. Dann wandelt sich der Vertrag um in einen solchen nach § 21 (Verkehrs-Rechtsschutz), falls der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang eines entsprechend geänderten Nachtrages zum Versicherungsschein widerspricht. Der im Tarif des A. -Rechtsschutzes dafür festgelegte Beitragssatz wird erst ab dem Beginn des auf die Vertragsänderung folgenden Versicherungsjahres berechnet. Versicherungsschutz besteht auch für Rechtsschutzfälle, die im Zusammenhang mit dem Vertrag über den Erwerb dieses Fahrzeuges stehen."
Die Klägerin erwarb im November 2017 einen gebrauchten Pkw zu einem Kaufpreis von 29.900 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor ausgestattet und verfügt seit 2016 über ein sogenanntes Thermofenster. Es wurde einige Tage nach dem Erwerb auf die Klägerin zugelassen. Die Beklagte lehnte eine von der Klägerin erbetene Deckungszusage für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB gegen die Herstellerin des Fahrzeugs ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg habe.
Das Landgericht hat der Klage auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Herstellerin aufgrund des Fahrzeugkaufs der Klägerin bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren und ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus der nicht erteilten Deckungszusage resultieren, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit festgestellt worden ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, bedingungsgemäß Deckungsschutz zu gewähren, sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 490 €.
Vorinstanzen:
Landgericht Itzehoe - Urteil vom 20. Dezember 2023 - 3 O 101/23
Oberlandesgericht Schleswig - Urteil vom 17. Juni 2024 - 16 U 11/24
Karlsruhe, den 16. September 2025
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